Irland im Sommer 2019
Von Maria Burges

Die Küstenstraße bietet wieder an jeder Kurve sensationelle Fotomotive. Dann wieder: eine Landschaft wie in Connemara. Weites Torfmoor-Sumpfgebiet. Wieder erinnert mich der Geruch von Torf an meine wunderbare Kindheit im Haus meiner Granny und meines Grandpas, als im offenen Kamin der Torf loderte. Ein wohliges Gefühl.

Pater McDyer

Vor dem Kamin sitzend, mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht, begrüßt uns Pater James McDyer – oder vielmehr eine lebensgroße Puppe mit seinem Antliz, so erschreckend echt… man fürchtet fast, er könne sich bewegen.

James McDyer wurde 1951 Pfarrer Glencolumbkille, einem verarmten und bald verlassenen Dorf am Ende der Welt. Er verliebte sich in das schöne Fleckchen Erde. „I think it’s a God owned country. A country of utter beauty!“ Um der Region Aufschwung zu verleihen, kaufte er mit Sponsoren ein Hotel und mehrere verlassene Häuser und machte aus dem Gebiet ein Urlaubsgebiet. Sein ganzer Stolz aber war das Museumsdorf, das er 1967 gründete. Seine Initiative wurde belohnt. Tausende Urlauber kommen seitdem hier her, um ihren Urlaub hier zu verbringen und das Museumsdorf zu besuchen.



Das Museumsdorf besteht aus ein paar kleinen, hübschen Thatched Cottages, voller Andenken an das Leben des 18. und 19. Jahrhunderts in Irland. Die Cottages sind hübsch angestrichen, in Trögen vor den Türen blühen bunte Blumen. Dieses romantische Grüppchen hat freilich nichts mit der harschen Realität zu tun.  

Der Boden der Häuser war damals aus festgestampfter Erde. Ein offener Kamin war die einzige Heizquelle. Der Rauch breitete sich im Häuschen aus, viele Menschen waren oftmals Lungenkrank (und konnten deshalb nur im Sitzen schlafen). Oftmals lebten drei Generationen unter einem winzigen Dach: die Großeltern durften direkt neben dem Kamin schlafen, weil es dort am wärmsten war. Die Kinder betteten sich auf Strohlagern, die Eltern im Bett.

Fenster waren Luxus und waren außerdem mit einer Steuer belegt, die sich nach der Größe des Fensters richtete. Aus dieser Zeit stammt der Spruch „Daylight Robery“, denn die Fenster wurden zugehängt. Anstelle von Glas hängten die Bauern bald Tierhäute in die Fenster, die mit Tierfett behandelt wurden und daher ein wenig Tageslicht durchließen.

Die Schule in den Dörfern bestand aus einem Klassenzimmer, das ebenfalls mit einem offenen Kamin beheizt wurde. Die Schüler mussten jeden Tag je ein Brikett Torf zum Heizen mitbringen. Geschrieben wurde auf Schiefertafeln.

Im Übrigen war die irische Sprache während der britischen Herrschaft strengstens verboten. In den irischen Schulen durfte nur noch in englischer Sprache unterrichtet werden. In einigen Gebieten, vor allem im Westen Irlands, gingen die Lehrer daher mit ihren Schülern aufs offene Feld, um den Unterrricht in ihrer Muttersprache abzuhalten. Hier war die Gefahr, erwischt zu werden nicht so hoch. Wer erwischt wurde musste mit drastischen Strafen rechnen.

Im Tea-House des Museumsdorfes nehmen wir eine heiße Gemüsesuppe und einen Café. „Wir sind auch zum ersten mal hier“, erzählen die drei älteren Herrschaften an unserem Tisch. Die beiden Damen und der Herr sind mit einer Bustour aus Cork angereist. „Vier Tage sind wir insgesamt unterwegs und das Museumsdorf ist einer der Programmpunkte“, erzählen sie. Die Reisegesellschaft bietet vergünstigte Touren für Senioren an. Ihr ganzes Leben lang hatten sie Cork nie verlassen. Nun unternehmen sie zweimal im Jahr eine Busreise, um ihr Land kennen zu lernen.



Der Ausgang des Museumsdorfes führt durch den Shop. Natürlich. Und natürlich kann ich nicht Nein sagen. Eine traumhaft schöne irische Strickjacke und ein paar Silber-Ohrringe wechseln zu einer glücklichen Besitzerin.

www.glenfolkvillage.com

Dieser Beitrag ist Teil der ausführlichen Irland-Reportage:


Interessante Blogbeiträge

Irland: Titanic Museum in Belfast

IRLAND

Besuch im Erlebnis-Museum.

Weiterlesen

Von frommen Mädchen, bösen Piraten, wunder...

IRLAND, REPORTAGEN

Mit dem Wohnmobil über die Grüne Insel: Gemach! Gemach!

Weiterlesen

Halloween ist ein traditionell irisches Fest

IRLAND, NEWS . NEWS . NEWS

Die grüne Insel ist die Wiege der ursprünglich keltischen Feierlichkeit - zahlreiche Bräuche sind überliefert und werden auch heute noch praktiziert:

Weiterlesen

Rückenwind an der Algarve Die Südküste ...

Portugal, REPORTAGEN

Portugal: Das beste Geheimnis Europas.

Weiterlesen

Interessante Rubriken